Das Leben mit Deadlines

Seit dem ersten September liegen bei Aldi die Christstollen. Trotzdem werde ich mich wohl am 20. Dezember ärgern, nicht schon viel früher meine Weihnachtseinkäufe erledigt zu haben. Jetzt ist November. Noch sind die Läden leer. Noch hätte ich mit Online-Shopping extrem gute Chancen, selbst bei ernsthaften Postkomplikationen. Es wäre sogar noch Zeit um zu basteln! Aber: Das Wissen um die Deadline verdichtet sich leider oft recht spät. So geht es mir auch beim Schreiben. Warum ist das so? 

Die Antwort ist, dass ich zu optimistisch bin, was meine eigenen Fähigkeiten anbelangt. Ich denke, ich sei schneller, als ich es bin. Ich denke, mein Plan wäre belastbarer als er ist. Und das ist bei den meisten Menschen so, wie dieser spannende Artikel zur Planning-Fallacy erläutert. Wir hängen demnach einer kognitiven Verzerrung an. Wir glauben an unsere Pläne, fallen aber sogar hinter unsere Worst-Case-Szenarien zurück. Immer wieder. Menschen scheinen einfach eine sehr wenig planungskompetente Spezies zu sein und das aber nicht so recht anzuerkennen. 

Ein realistische Planung, wenn es sie gibt, heißt daher mit der eigenen Planungsschwäche zu planen, und extrem früh anzufangen, im Prinzip jetzt. Ich gebe mir also hiermit den Weihnachts-Kick-Off. 

Mit dem Schreiben ist es ähnlich. Einen Text verfassen dauert immer länger als erwartet, und vor allem die Überarbeitung  ist gerne mal langwieriger als die erste Fassung ahnen lässt. Hier scheint das Pareto-Prinzip zu gelten: ein zu 80 % fertiger Text, benötigt nicht etwa weitere 20% der bereits investierten Zeit, sondern eigentlich oft das Vierfache. Erwarte also kein schnelles Ende. Wenn Du das Gefühl hast, Dein Buch oder Deine Doktorarbeit ist eigentlich geschafft, dann kann es sein, dass Du einer ganz menschlichen Täuschung aufsitzt. Es kann sich also durchaus noch lohnen einen Schreibaschram zu besuchen, um mit Deinem Text Deinen Plan einzuholen. 

Die eigene Planungsschwäche hat aber auch ihr Gutes. Einige Projekte hätten wir schließlich nie begonnen, wenn wir gewusst hätten, wie aufwändig sie in Wirklichkeit sind. Jetzt wachsen wir daran.


Fragen zu Deinem Schreibprojekt:

  • Was ist die äußere Deadline für Deinen Text? Wann ist Stipendienende, Abgabetermin laut Betreuer/in oder laut Publikationsvertrag, wann beginnt Dein neuer Job, oder wann endet Deine Stelle …?

  • Wenn es (noch) keine äußere Deadline gibt: Wann ist Deine innere Deadline? Bis wann darf das noch dauern?

  • Welche Konsequenz ziehst Du aus der Deadline für Dein Schreiben?

 

Meer Schreiben: Berichte aus einem DIY-Schreibaschram

Im September 2016 waren wir zusammen in Neu Schönau unter haben dort einen wunderbar inspirierenden Schreib-Aschram unter der Leitung von Katja und Ingrid erlebt. Wir haben viel aus dieser Zeit in unseren Schreiballtag mit genommen, darunter auch den Wunsch, mehr und immer wieder mit anderen zusammen zu schreiben. Eine besondere Erfahrung war der Aschram auch deshalb, weil wir als Gesamtgruppe so gut zusammen funktioniert haben. Schon im Zug entstand auf der Rückreise deshalb die Idee im nächsten Jahr einen selbst organisierten Aschram durchzuführen. Nach den natürlichen Schrumpfungsprozessen und der Konfrontation mit dem echten Leben ist dabei eine Reise zu viert herausgekommen: Eine Woche Aschram auf Norderney im Februar 2017. Eine Woche Aschram unter anderen Vorzeichen! Weiterlesen

Schreibleben – oder die sanfte Revolution

Die Sonne taucht die Vorlesende auf der Freitreppe in ein goldwarmes Abendlicht, während über ihr am Himmel die ersten taumelnden Fledermäuse nach Fliegen jagen. Ein Gong beendet die fünf-minütige Lesezeit: Applaus. Eine poetische Lesung? Mitnichten: hier wird Forschungsarbeit vorgestellt. Im sommerlichen Schreibaschram gehören die Lesungen der ersten Ergebnisse des täglichen Schreibpensums zum Programm.

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